Das Schatzwäldchen

Dieses Wäldchen, das jetzt Feld ist, hatte seinen Namen von dem darin verborgenen Schatze. Derselbe gehörte dem Frauenkloster, welches in frühern Zeiten dort stand, und eine gespenstige Nonne in weißer Kleidung geht noch bei ihm um. Auch andere solche Nonnen halten da in heiligen Nächten Bittgänge, und zuweilen zeigt sich das Kloster,

woraus meist wunderschöner Kirchengesang ertönt.

Ein Küfergesell von Ettlingen sah eines Sonntagmittags im Wäldchen das Gebäude, und unter dessen offener Thüre die Klosterfrau stehen. Sie winkte ihm, hineinzukommen und aus den dastehenden Kisten sich so viel Geld zu nehmen, als er wolle. Er steckte ein und lud auf, was er tragen konnte, brachte es glücklich nach Hause und kam nachts, in Begleitung seines Herrn, wieder, um noch mehr zu holen; aber da waren Kloster, Nonne und Kisten verschwunden.

Beim Zackern unweit des Wäldchens sah ein Rüppurrer Mann darin einen Haufen Gold und Silber aus dem Boden steigen. Stillschweigend lief er darauf zu, wurde aber während dessen von einem Feldarbeiter angeredet, und da versank der Schatz in die Erde.

Einst steckten dort fahrende Schüler mit fremden Hölzern einen Kreis ab, machten in dessen Mitte ein Feuer und begannen, daran stehend, ihre Beschwörungen. Da kam aus dem Boden eine Menge Roßzähne, welche Geld waren und von den Schülern mitgenommen wurden.

Im Wäldchen zeigten sich öfters nachts einzelne Flammen und ein blaues Licht. Als ein Mann letzteres von der Landstraße aus erblickte, sprach er laut: »Wenn du doch da hüben wärest und mir leuchtetest!« Augenblicklich war das Licht bei ihm, faßte ihn in der Seite und warf ihn in den Straßengraben.

An einem sternhellen Abend sah ein Ettlinger drei geschlossene Kutschen hintereinander nach dem Wäldchen fahren. Ihre Lenker hatten Hüte mit breiten Krämpen auf und saßen so schief auf den Pferden, als wenn sie herabfallen wollten.

Auch der wilde Jäger fährt dort in manchen Nächten, Klopho! rufend, mit seinen bellenden Hunden durch die Lüfte.

Von dem Kloster haben unterirdische Gänge nach Gottesaue, in die Kirche zu Grünwettersbach und in das Schloß auf dem Burgstadelkopfe geführt.


Quelle: Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 179-180 (www.zeno.org)